Koyasan-Datenbank


(c) Niels Guelberg 2008

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Die Frauenhalle (Nyōnindō) am Fudōguchi

Frauen war im Mittelalter der Zugang zum Kōyasan verwehrt. Wenn man den Legenden um Kūkais Mutter oder der Mutter von Ishidomaro einen wahren Kern zugesteht, dann war den Frauen nur eine Wallfahrt bis zur äußeren Peripherie wie dem Jisonin bei Kudoyama oder der Karukaya-Halle in Kamuro gestattet. Doch in der späten Edo-Zeit konnten Frauen bis kurz vor die Tore kommen: weibliche Pilger hatten nur einen sehr restringierten Zugang, durften aber auf Rundpfaden auf den Bergesgrädern und –gipfeln die Tempel in der Hochebene des Kōyasan von oben her betrachten bzw. verehren. Auf den Hin- und Rückwegen sowie entlang der Rundpfade auf den Bergeshöhen stifteten einzelne begüterte Frauen verschiedene Hallen, Buddha- und Bodhisattva-Figuren und eben die Frauenhallen, die den weiblichen Pilgern als Rast- und Gedenkstätte dienten und deren berühmtestes Beispiel am Fudōguchi-Eingang des Kōyasan auf dem Hinweg auch heute noch steht.


(Ausschnitt aus einer Bildkarte von 1813, Kōyasan saiken ezu, handkolorierter Holzdruck, der auf einem Bild des Malers Tachibana Yasuharu beruht. Die überdimensionierte bronzene Jizō-Figur blickt nicht - was der Realität entsprechen würde - auf die Frauenhalle, sondern ist etwa 90 Grad im Uhrzeigersinn gedreht, um sie für den Betrachter der Karte sichtbar zu machen.)

Die Frauenhallen sind wohl erst im späten 18. Jahrhundert aufgekommen und zählten zu den Hochzeiten sechs Hallen, auch wenn seit den Anfängen die beiden Hallen am Hinweg, die Halle am Fudōguchi, sowie die am Rückweg, die Halle am Großen Tor, die am besten ausgebauten Institutionen waren.

Bei der Halle am Fudōguchi handelt es sich, wie die Abbildung aus dem Kii no kuni meisho zue von 1838 zeigt, um keine Einzelhalle, sondern um ein Konglomerat von verschiedenen Hallen mit zum Teil profaner, zum Teil religiöser Nutzung. Es gab dort neben der eigentlichen Frauenhalle zwei weitere Hallen für die religiöse Einkehr, eine Fudō-Halle und eine Kannon-Halle, sowie ein als „Klause“ (anshitsu 菴室) bezeichnetes Gebäude, das wohl auch Übernachtungsmöglichkeit bot.
 
Frauenhalle am Fudōguchi (Kii no kuni meisho zue, 1838)   Frauenhalle am Fudōguchi ((Shinzō) Kōyasan zenzu, 1857)
Die stark vereinfachte Darstellung von 1857 hat keine Kannon-Halle mehr, statt dessen steht die Kannon-Figur frei. Andere Elemente wie das überdachte Wasserbecken zum Händewaschen, die Jizō-Figur und der Trennzaun sind zu sehen, die Steinlaternen sowie die Klause sind jedoch weggelassen.


Die große bronzene Jizō-Figur gegenüber der Frauenhalle wurde in den Jahren der Ära Enkyō (1744-48) von einer Frau aus der Familie Yokoyama in Edo, dem heutigen Tokyo, gestiftet:
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Rechts neben dem Steinfundament führt ein schmaler Bergpfad hinauf zum Bentendake, dem höchsten Berggipfel des Kōyasan, ein Pilgerweg, der seit der Edo-Zeit vor allem von Frauen benutzt wurde.


Die eigentliche Frauenhalle, wie sie auf dem Bild von 1838 gut zu erkennen ist, blieb in dieser Form, d.h. mit treppenartigem Aufgang, bis in die frühen 1910er Jahren erhalten, wie aus folgenden Fotos ersichtlich.
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In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts wurde die Straße aufgeschüttet und auf Gebäudehöhe nivelliert.

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Frauenhalle am Fudōguchi um 1904 Frauenhalle am Fudōguchi um 1906
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Frauenhalle am Fudōguchi um 1916 Frauenhalle am Fudōguchi um 1920

In den 30er Jahren wurde die Bergseite geschliffen und durch die Straßenerweiterung Platz geschaffen für den Bau von Bushaltestellen und Busgarragen aus Beton, die heute wieder verschwunden sind.
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Frauenhalle am Fudōguchi um 1930 Frauenhalle am Fudōguchi um 1932/3: Beginn der Erdarbeiten.

Nachdem der langwährende Widerstand der Rikscha-Fahrer gebrochen war, konnte der Busbetrieb zwischen dem Bergbahnhof Kōyasan und der Frauenhalle am 15. August 1933 aufgenommen werden. Die Entfernung betrug laut Flugblatt der Betriebsfirma 108 chō, d.i. 1960 m, die Kosten für die Einzelfahrt betrugen 15 Sen, für Hin- und Rückfahrt 25 Sen (zum Vergleich: für die Bahnverbindung Nanba - Kōyasan einschließlich Kabelbahn zahlte man 1933 für Hin- und Rückfahrt 4 Yen 82 Sen, seit April 1934 4 Yen 30 Sen, und seit April 1935 3 Yen 80 Sen).
Ein Nebeneffekt des jahrelangen Tauziehens um den Busverkehr ist, dass auch heute noch die Bustrasse, obwohl kürzester Weg zum Bahnhof, sowohl für Fußgänger wie auch für den allgemeinen PKW-Verkehr gesperrt ist.


Bilder vom Busbetrieb:
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Auf einem Teil der Bilder ist im Hintergrund der Betonbau der Endstation für die 1929 geplante, jedoch unvollendet gebliebene Seilbahn für Personentransport zu sehen, die die Frauenhalle direkt mit der Bahnstation Gokurakubashi verbinden sollte.

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Mit dem Aufkommen des Busverkehrs nahm auch die Kommerzialisierung zu, verschiedene Dienstleister (wie Schuhputzer, Fahrkartenverkäufer und Rikscha-Fahrer) sowie Souvenirverkäufer und Imbissanbieter bevölkerten die Szene:
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e111_01【a01690】Schuhputzer
e199_01【a02750】Schuhputzer
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e068_01【a01178】Andenken
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e172_02【a02409】Spazierstöcke
e113_01【a01715】Spazierstöcke
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e230_02【a03205】gleicher Blickwinkel (ca. 1926)
Ausgebessertes Schild: bis Shōwa 9 (1934) Ursprüngliches Schild: bis Taishō 23 (1934)

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Author: Niels GUELBERG
e-mail: [email protected]
First drafted: 09.09.14
Last updated: 10.08.17